Bones and All | Kritik: Ein ungewöhnlicher Roadtrip, der es in sich hat (2024)

In „Bones and All“ macht sich eine junge Frau auf die Suche nach ihrer eige­nen Iden­tität und den Hin­ter­grün­den für ihr ungewöhn­lich­es Ver­lan­gen nach Men­schen­fleisch. Was den Road­trip mit Tay­lor Rus­sell und „Dune“-Star Tim­o­th­ée Cha­la­met in den Haup­trollen so beson­ders macht, ver­rat­en wir Dir in unser­er Kri­tik zu Bones and All.

Maren Year­ly (Tay­lor Rus­sell) und ihr Vater (André Hol­land) müssen ständig umziehen. Grund dafür: Maren find­et Men­schen auf ihre ganz eigene Art inter­es­sant. Als sie eines Abends bei ein­er Pyjama­party den Fin­ger ein­er ihrer Fre­undin­nen abbeißt, ist für ihren Vater der Punkt erre­icht, an welchem er sie zurück­lassen muss. Er hin­ter­lässt sein­er Tochter ihre Geburt­surkunde und eine Kas­sette, bespielt mit den Best-of-Erzäh­lun­gen ihrer kan­ni­bal­is­tis­chen Zwis­chen­fälle. Mit dem Ziel zu erfahren, woher ihr schein­bar unstill­bares Ver­lan­gen kommt, beg­ibt sich Maren auf die Suche nach ihrer Mut­ter. Bis dato ist sie davon aus­ge­gan­gen, dass nur sie so ist. Schnell wird sie eines Besseren belehrt, trifft auf schräge Gestal­ten und schließlich auch auf Lee (Tim­o­th­ée Cha­la­met), der sie auf ihrer Reise begleit­et.

Bones and All: Coming-of-Age-Story oder blutiger Roadtrip?

Regis­seur Luca Guadagni­no wird Dir etwas sagen, wenn Du das Dra­ma „Call Me by Your Name“ kennst. Mit Bones and All hat sich Guadagni­no erneut ein­er Liebesgeschichte angenom­men, allerd­ings dies­mal mit einem bluti­gen Twist. Basierend auf dem gle­ich­nami­gen Roman von Camille DeAn­ge­lis, bewegt sich der Film rasch auf das Grundthe­ma zu: Kan­ni­bal­is­mus.

Mit der Pyjama­party-Szene bekommst Du bere­its nach weni­gen Minuten das Gefühl, dass dieser Film in eine selt­same Rich­tung gehen kön­nte. Und das ist erst der Anfang. Mit dem Bus macht sich Maren auf den Weg quer durch die USA. Die Reise fühlt sich zu Beginn noch wie eine klas­sis­che Com­ing-of-Age-Sto­ry an – auch wenn es eine sehr blutige ist. Sie entwick­elt sich aber schnell zu einem schrä­gen Road­trip.

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Maren (Tay­lor Rus­sell) beg­ibt sich auf die Suche nach ihrer Mut­ter und dem Ursprung ihres Ver­lan­gens. —Bild:Yan­nis Drak­oulidis / Metro Gold­wyn May­er Pic­tures © 2022 Metro-Gold­wyn-May­er Pic­tures Inc. All Rights Reserved.

Schrullige und ziemlich „normale“ Kannibalen

Die beson­dere Love-Sto­ry hat Regis­seur Luca Guadagni­no nicht nur in den Haup­trollen stark beset­zt. Zunächst trifft Maren auf den selt­samen Sul­ly, der grandios schrul­lig von Mark Rylance gespielt wird. Ihm nehmen wir die Rolle des geruch­sempfind­lichen Eaters, so wer­den die Kan­ni­balen im Film (Orig­inal­ton) genan­nt, direkt ab.

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Mark Rylance nehmen wir seine Rolle als Eater Sul­ly sofort ab. —Bild:Yan­nis Drak­oulidis / Metro Gold­wyn May­er Pic­tures © 2022 Metro-Gold­wyn-May­er Pic­tures Inc. All Rights Reserved.

Die Rolle der Maren wirkt im Ver­gle­ich erstaunlich „nor­mal“ und vor allem naiv. Der schaus­pielerischen Leis­tung von Tay­lor Rus­sell ist es zu ver­danken, dass die Pro­tag­o­nistin trotz der typ­is­chen Tee­nie-Prob­le­men nicht überze­ich­net wirkt. Schließlich ist die Pubertät schon allein ein Gefühlschaos, auch wenn man keine kan­ni­bal­is­tis­chen Nei­gun­gen hat. Ganz beson­ders sticht allerd­ings Tim­o­th­ée Cha­la­met her­vor: Aus­ges­tat­tet mit pinkem Vokuhi­la, schrä­gen Klam­ot­ten und seinem typ­isch grum­melig-trau­ri­gen Hun­de­blick stiehlt er nicht nur Marens Herz.

Wir sind uns bis jet­zt nicht sich­er, ob wir Lee und Maren sym­pa­thisch, gruselig oder bei­des find­en sollen. Das liegt an der guten schaus­pielerischen Leis­tung der bei­den Protagonist:innen. Denn für gewöhn­lich sind mörderische Tee­nies nicht dafür bekan­nt, dass sie vom Pub­likum gemocht wer­den

Eine weit­ere äußerst selt­same Begeg­nung, die uns im Kopf geblieben ist, ist die mit Michael Stuhlbarg (Call Me by Your Name, „Dopesick“) als latzho­sen­tra­gen­den Red-Neck-Kan­ni­balen.

Quietschende Reifen und endloses Schmatzen

In Bones and All geht es haupt­säch­lich um die sich langsam entwick­el­nde Beziehung zwis­chen Lee und Maren. Ein wichtiger Teil davon ist aber auch ihre jew­eilige Iden­titäts­find­ung. Dafür gibt es zahlre­iche tief­gründi­ge Gespräche, die während der schi­er end­losen Fahrt in einem Truck stat­tfind­en. Dabei ist die viele Zeit im Auto nicht nur für die Protagonist:innen ermü­dend, son­dern lei­der auch für die Zuschauen­den. Die lan­gen Fahrt-Pas­sagen hätte zwis­chen­durch mehr Span­nung gebraucht, denn bis zum ras­an­ten Finale dauert es eine ganze Weile. Echte High­lights sind die Szenen, in denen die bei­den mal nicht im Auto rumgurken und auf Men­schen tre­f­fen.

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Gemein­sam auf der Suche: Maren (Tay­lor Rus­sell) und Lee (Tim­o­th­ée Cha­la­met). —Bild:Yan­nis Drak­oulidis / Metro Gold­wyn May­er Pic­tures © 2022 Metro-Gold­wyn-May­er Pic­tures Inc. All Rights Reserved.

Etwas over-the-top sind auch die kaum zu ertra­gen­den Liebesszenen. Das liegt daran, dass nicht nur die Laut­stärke ihrer schmatzen­den Knutscherei für zartbe­saitete Ohren im Kino anstren­gend ist, son­dern auch die Dauer des Geräusches. Guadagni­no übertreibt es an eini­gen Stellen und wir haben uns öfter gewün­scht, dass das ein­fach nur aufhört. Im Gegen­satz dazu sind die kan­ni­bal­is­tis­chen Szenen her­aus­ra­gend insze­niert wor­den. Hier wird nicht etwa plump draufge­hal­ten, denn das Augen­merk liegt auf den Reak­tio­nen und dem Ver­hal­ten von Lee, Maren und den anderen Blutver­schmiert. Ein großes Glück, denn son­st wäre Bones and All nur ein weit­er­er Kan­ni­balen-Hor­rorstreifen gewor­den.

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